Marc Pitzke, zuständig für das Thema Antiamerikanismus bei SPIEGEL-Online, hat derzeit Nachschubprobleme: Obama zieht seine Truppen aus Afghanistan ab, die Republikaner wollen sich nicht am Libyenkrieg beteiligen und ein paar Billionen wollen sie auch noch sparen. Schwierige Zeiten also für Amerikahasser wie Pitzke, der uns Monat für Monat die USA als Land schießwütiger Cowboys, gieriger Spekulanten und erzkonservativer Radikalchristen präsentiert:
- Afghanistan: Obamas Kriegsende auf Raten
- Ein Jahr US-Finanzreform: Verzögern, verhindern, versagen
- Republikaner-Kandidat Huntsman: Konservativer mit Coolness-Faktor
- Bomben gegen Gaddafi: Obama und der Kriegskosten-Kniff
- US-Präsidentschaft: Republikaner-Damen rüsten zum Kampf
- US-Regierungsdokumente: Obama jagt die Geheimnisverräter
- Brief-Riese in der Krise: Amerikas Post geht ab – in die Pleite?
- E-Mail-Auswertung: Das banale Leben der Sarah Palin
- Pentagon Papers: Washington beichtet letzte Vietnam-Lügen
Das sind 9 Beiträge zwischen dem 09.06 und 22.06.2011, in denen der Soziologe, Kommunikationswissenschaftler und Politologe Pitzke zum Beweis seiner progressiven Gesinnung jedes nur mögliche Register gegen seinen Lieblingsfeind Amerika zieht. Die Titelzeilen seiner Beiträge sprechen für sich: Sarah Palin führt ein „banales Leben“, „Washington beichtet letzte Vietnam-Lügen“ und Obamas Abzug aus Afghanistan ist lediglich ein „Kriegsende auf Raten“. Es geht immer darum, US-Politikern Machtgeilheit, Dummheit oder rechtsradikale Gesinnung zu unterstellen. Obama wird als Schwächling dargestellt, der inzwischen schlimmer als Bush sei, und ab und zu bekommt auch Sarah Palin ihr Fett weg.
Doch was schreibt ein Kommunikations-„Wissenschaftler“ wie Pitzke in Zeiten wie diesen, wo die Amerikaner sich schneller aus Afghanistan verabschieden als die obersten Moral- und Friedenswächter Europas, die Deutschen? Nun, wenns am Militarismus der Amis gerade mal nichts auszusetzen gibt, dann kann man immer noch auf einem anderen Ressentiment herumreiten: dem angeblich so niedrigen Bildungsstand der Amerikaner. Denn das ist ein Thema, das den gehobenen deutschen Bildungsbürger (und dazu rechnen sich ja die meisten SPON-Leser) schon immer interessiert hat. Was gibt es schließlich schöneres für den gebildeten SPIEGEL-Leser, als wenn er erfährt, daß die mächtigen Amis, die Bürger der größten Militärmacht der Erde, ungebildet, dumm, oberflächlich (und obendrein noch fett) sind?
Und genau aus diesem Grunde berichtete Pitzke am 23.06.2011 von der Bildungskrise in den USA: Schüler scheitern am Grundwissen. Na also! Trotz Abzugs aus Afghanistan sind die Amis eben doch unverbesserlich: Cola trinkende und sich von McDonalds Fettklopsen ernährende Armleuchter, die die Dritte Welt und friedliebende arabische Staaten mit völkerrechtswidrigen Kriegen überziehen. Wer gerne wissen möchte, ob SPIEGEL-Leser wrklich mehr wissen als andere, dem bietet SPIEGEL-Pitzke den kompletten Test im Anhang seines Artikels an: Wissen Sie mehr als amerikanische Schulkinder? Machen Sie den Test.
Das ist nicht unbedingt nötig. Über die Fragwürdigkeit und die Qualität des Tests haben sich im SPIEGEL-Forum ([3] genügend kompetente Teilnehmer ausgelassen.
Aber warum, so fragt sich Pitzke besorgt, erreichen mehr als die Hälfte der Zwölftklässler nur ein „Ungenügend“ bei diesem Test? Es muß, wie kann es anders sein, mit George W.Bush zusammenhängen. Daß Pitzke sich nicht scheut, auch bei diesem Thema wieder die Bush-Karte zu ziehen, zeigt, wes Geistes Kind er ist: ein überheblicher, eingebildeter und hochnäsiger deutscher Bildungsbürger, der trotz 8 Jahren Berichterstattung – besser gesagt Verbreitung antiamerikanischer Hetzartikel – aus New York immer noch keine Ahnung vom amrikanischen Bildungssystem hat[2]. So verwundert es nicht, daß der Kommunikations-„Wissenschaftler“ Pitzke einen der Hauptgründe für das Versagen der Schüler in dem 2002 von der Bush-Regierung verabschiedeten No Child Left Behind Act (NCLBA) sieht. Pitzke befindet sich in seiner Ablehnung des „No Child Left Behind Act“ in einem Boot mit so illustren Gestalten wie dem Republikaner und Vertreter der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Rob Bishop, dem die Einrichtung von Gebetsräumen für Mormonen in allen amerikanischen Schulen sicher ein wichtigeres Anliegen ist als die Förderung des Mathematik-, Lese- und Schreibunterrichts.
Genau das beklagt auch Pitzke. Der NCLBA lege den Schwerpunkt auf Mathematik, Schreiben und Lesen, „als Grundlagen wirtschaftlichen Erfolgs. Andere Fächer wurden vernachlässigt – so Geschichte.“ Klarer Fall! Dabei kann ja nichts anderes herauskommen als Irak-Krieg, Guantanamo und Afghanistan, wohingegen wir Deutschen mit unseren klassischen Schulschwerpunkten wie Deutsch, Latein, Kunst, Geschichte und demnächst Islamkunde bei allen Pisatests an erster Stelle stehen und überhaupt ein Vorbild für die ganze Welt sind. Na ja, oder mal waren oder sein wollten und es nur nicht werden durften. Weil uns die dekadenten Amerikaner schon damals nicht leiden konnten.
Anmerkungen und Links
[1] SPIEGEL Online: Bildungskrise in den USA: Schüler scheitern am Grundwissen
[2] Bildungssystem in den Vereinigten Staaten
[3] SPON-Foum zu Pitzkes Artikel
Hab den Eintrag leider erst jetzt gesehen. Er ist aber immer noch voll auf den Punkt.