Sprachfeminismus in den „Notizen vom Birklehof“


Zweimal im Jahr bekomme ich Post aus Hinterzarten im Schwarzwald. Im Briefkasten liegen dann die „Notizen“ der Schule Birklehof, jenes Internats, in dem ich 3 Schuljahre bis zum Abitur verbrachte. Diese Jahre waren zum Teil sehr erholsam, befreiten sie mich doch von dem strengen, autoritären Schulgeist des städtischen Gymnasiums in Gevelsberg, das ich zuvor 6 Jahre lang besucht hatte.

Am Birklehof ging es in vielen Dingen ungezwungener zu: kein militärischer Drill im Sportunterricht, ein Riesenangebot an musikalischer Betätigung und ein angenehm freundlicher und direkter Kontakt zu Lehrern und Erziehern. Doch ist mir schon damals aufgefallen, daß es unter der Decke der auf Elterntagen und Abiturfeiern demonstrierten heilen Birklehof-Welt ganz schön brodelte.

Das mag damit zusammenhängen, daß wir als „68er“ nicht gerade besonders träge waren, wenn es darum ging, die „Erwachsenen“ zu provozieren, die Lehrer, die Mentoren, die Eltern, kurz eben alle, die uns damals so auf den Geist gingen. Aufgemalte Hakenkreuze auf der direkt am Birklehof vorbeiführenden Bundesstrasse nach Freiburg, nächtens mit Ölfarbe vollgeschmierte Lehrerautos und Sauforgien im Jazzkeller unter der Turnhalle gehörten zu jenen Ereignissen, die von den Verantwortlichen dieser Schule am liebsten totgeschwiegen wurden. Am unangenehmsten war es ihnen, wenn sich Schüler auf einer offiziellen Veranstaltung der Schule kritisch äußerten: wenn sie z.B. anstatt eines Gebetes aus der damals populären „Mao-Bibel“ vorlasen oder in einer Abiturfeier zum Entsetzen der Lehrer und Hauserwachsenen die fehlende sexuelle Freiheit beklagten.

Das alles ist jetzt mehr als 48 Jahre her, und es hat sich einiges in der Welt geändert. Aber eines ist seitdem gleich geblieben: Lehrer, Erzieher und Mitarbeiter des Internats unterliegen nach wie vor dem gesellschaftlichen Mainstream. Waren sie 1966 noch stockkonservativ, wie wir es als 68er damals empfanden, so sind sie heute stramme Gutmenschen.

Um auf diesen Gedanken zu kommen, reicht ein Blick in die halbjährlich von der Schule Birklehof an alle interessierten Alt-Birklehofer (also ehemaligen Schüler) verschickten „Notizen vom Birklehof“. Dort begegnet uns z.B. Petra Gerster [2], Hauptmoderatorin von ZDF-Heute, die eine „auf ökonomische Verwertbarkeit verengte Sicht von Bildung“ beklagt und für eine „umfassende Charakterbildung“ plädiert. Solche Sprüche kommen bei den Birklehof-Verantwortlichen gut an, nicht nur weil Petra Gerster auch mal Lehrerin werden wollte, sondern auch deshalb, weil der Birklehof schon immer großen Wert auf eine klassische humanistische Bildung legte. Und es war schon immer unter der Würde des Birklehof-Lehrers bzw. Mitarbeiters, an so etwas wie ökonomische Verwertbarkeit auch nur zu denken. Hier dachte man lieber an altgriechische Philosophen oder Goethes Farbenlehre und nahm abends im Eßsaal an Übungen in anthroposophischer Bewegungskunst (Eurythmie) teil.

Zwar sind inzwischen Latein und Griechisch keine Pflichtfächer mehr, und man achtet auch darauf, daß das Schulgeld von 2600,- Euro pro Monat für die internen Schüler gezahlt wird.
Das tat man allerdings auch schon vor 50 Jahren, insofern hat sich nicht viel geändert.

Aber wer die Berichte in den „Notizen vom Birklehof“ aufmerksam studiert, sieht sofort, warum gerade Leute wie Petra Gerster oder auch Richard David Precht (Monogam wurde der Mensch durch die jüdische Seuchenmoral) in diesen Heften gerne zitiert werden [2]. Denn worum geht es in fast allen Beiträgen der Notizen vom Birklehof? Man ahnt es schon:

Literatur, Kunst, Philosophie, Wandern im Schwarzwald,Theater, Musik, Tanz und Inszenierung, alte Sprachen, Sport.

(Foto links: Winter 1977, Neubirkle) Daneben gibt es natürlich noch Berichte über den Weihnachtsmarkt, über Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen und neu eingestellte Lehrer. Wer aber Beiträge über die Schulfächer Mathematik, Physik, Chemie, Biologie oder Informatik sucht, blickt vergebens in diese „Notizen“. Das ist den Verfassern dieser Hefte offensichtlich schon zu sehr „ökonomisch verwertbar“, womöglich zu „materialistisch“. Lediglich bei neu eingestellten Mitarbeitern für naturwissenschaftliche Fächer macht man da gezwungenermaßen eine Ausnahme, ansonsten schreiben Altbirklehofer wie Viktoria Brigitte von Bonin (früher Roth) in den „Notizen“ lieber darüber, wie schön es doch war, als sie beim Altbirklehofer Treffen feststellte, daß sie nicht die einzige in der Runde mit einer 5 in Mathe war (es waren sogar 10 von 13 Anwesenden, die sich über eine 5 in Mathe freuten).

Doch all diese schönen Berichte über

  • „Griechisch-Seminare für Eltern“,
  • „Erlebnispädagogik beim Nachmittagssport“ oder
  • „Tanz und Inszenierung als Klassenarbeit“

mit ihren vielen Fotos könnte man ja noch ertragen, würde man nicht auf jeder Seite durch einen unerträglich konsequenten Sprachfeminismus gequält. Denn wer sich die von der Redakteurin Hanna Kneser (einer Angestellten der Schule Birklehof) als „Notizen“ verschickten Informationsblätter durchliest, bekommt den Eindruck, als habe ein Art feministische Reichsschrifttumskammer der Redaktion Vorgaben für die Veröffentlichungen gemacht. So kann man u.a. im Notizenheft vom September 2011 128-mal die Sprachkombination „Schülerinnen und Schüler“ lesen. Das wäre ja noch ertragbar, aber es kommen weitere sprachliche Verrenkungen dazu:

(Foto links: Blick auf das sog. „Haupthaus“ im Januar 1977)Da ist von Mitschülerinnen und Mitschülern die Rede, von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Bundessiegerinnen und Bundessiegern. Lehrende unterrichten Abiturientinnen und Abiturienten, Mitschülerinnen und Mitschüler werden von Mentorinnen und Mentoren betreut, Sportlerinnen und Sportler trainieren gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, es wimmelt von Kolleginnen und Kollegen, Unterhausbewohnerinnen und -bewohnern, Unterstufenschülerinnen und -schülern und Oberstufenschülerinnen und -schülern. Unter den Birklehofschülerinnen und -schülern gibt es auch Norwegenfahrerinnen und -fahrer, die wahrscheinlich keine Sechstklässlerinnen und -klässler sind, sondern eher der Oberstufe Zuzuordnende.

In dem verkrampften Bemühen, immer auch die weibliche Form mit zu erwähnen (und das natürlich immer an erster Stelle vor der männlichen), unterlaufen den Redakteuren dieser „Notizen“ z.T. groteske grammatikalische oder auch Schreibfehler (oder sie vergessen ihre eigenen Sprachvorschriften). So schreiben sie z.B.

  • … besprach sie gemeinsam mit ihren Schülerinnen und -schülern die Ziele [2]
  • Fast alle Schülerinnen und Schüler waren Fahrschüler [6]

Da fragt man sich dann schon, wie ein Deutschlehrer an dieser Schule einen solchen geschriebenen Satz benoten soll.

Es mag zwar sein, daß Lann Hornscheidt, „Professx“ für Gender Studies und Sprachanalyse am Zentrum für Transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität in Berlin, diese Art der Schreiberei als „geschlechtergerecht“ oder „nicht zweigendernd“ empfindet, es könnte aber auch sein, daß es Leser der Birklehof-Notizen gibt, die den extremen Sprachfeminismus in diesen Heften als Sexismus wahrnehmen und die katzbuckelnde Unterordnung der Schuldirektoren und Mitarbeiter unter diese feministische Genderposse nur lächerlich finden.

Oder was soll man wohl denken, wenn man folgenden Satz in einem Schreiben des Birklehofs an ehemalige Schüler liest:

Unsere Lehrerinnen und Lehrer, Hauserwachsenen und Mentorinnen und Mentoren stehen den Schülerinnen und Schülern als Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner zur Verfügung.

Anmerkungen und Links

Alle Fotos in diesem Artikel sind Eigentum des Verfassers.

[1] Die Neue Rheinische Zeitung in „Über uns“
[2] Birklehof-Notizen, Ausgabe September 2011
[3] Wikipedia über Petra Gerster
[4] Elite-Internat Birklehof: Vorwürfe gegen ehemaligen Schularzt
[5] Wikipedia über das Internat Birklehof
[6] Birklehof-Notizen, Ausgabe März 2012

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2 Antworten zu Sprachfeminismus in den „Notizen vom Birklehof“

  1. Michael Zabawa schreibt:

    die Lösung ist ganz einfach: Wir legen alle ein Schweigegelübde ab und dann kann niemand mehr diskriminiert werden. Diskriminierung ist das Wesen der Sprache: Begriffe bilden, unterscheiden, spezifizieren, auf etwas hinzeigen, das vom anderen abgegrenzt wird. Lässt man das weg, oder fängt eine unsägliche Aufzählung aller Unterfälle auf, hat man Gleichheit im negativsten Sinne des Wortes. Irgendwie muss man diesen Kulturzerstörern das Handwerk legen. Nur wie? Gegenzeichen setzen! Daher: https://www.openpetition.eu/petition/online/werte-der-aufklaerung-als-leitkultur

  2. Hebel schreibt:

    Über dem Ärger der Sprachverhunzung vergisst man leider, dass Gender Mainstreaming leider ungesund für Frauen, Mütter und Kinder ist. Zum Beispiel das Negieren bedeutsamer und dem Mann überlegener weiblicher Eigenschaften mit der Folge, dass häufig der Body nur noch wichtig wird. Vergessen der für Sprach- und Kognitiventwicklung wichtigen frühkindlichen Mutterbindung infolge des frühen flüssigkeitsgekoppelten Hörens des Foeten im Mutterleib (Muttersprache nicht Vatersprache!). Probleme durch Cortisolausschüttung (gefährliches Stresshormon) und Schlafmangel mit entsprechendem Wachstumshormonmangel von Krippenkindern mit Hippocampusminderung (Lernmaschine des Gehirns).
    Erschreckende Zunahme von Depressionen auch bei Kindern und Jugendlichen.
    [siehe „Kinder – Die Gefährdung ihrer normalen (Gehirn-) Entwicklung durch Gender Mainstreaming“ in: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 6. Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2015: ISBN 978-3-9814303-9-4 und „Es trifft Frauen und Kinder zuerst – Wie der Genderismus krank machen kann“, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2015: ISBN 978- 3-945818-01-5]

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