Grisha Alroi-Arloser über die Deutsch-Israelischen Wirtschaftsbeziehungen: endlich nur gute Nachrichten!

Nehmen wir an, ein Verein, der sich um gute Beziehungen zwischen Israel und Deutschland kümmert, plant einen Vortragsabend. Es stehen vier Themen zur Auswahl:

  1. Hintergrundgespräch mit Herrn Abdelsalam Najjar aus der „Oase des Friedens“/Neve Shalom
  2. „Der islamistische Medien-Krieg“, Prof. Richard Landes (Boston University) im Gespräch mit Thierry Chervel über das Versagen der westlichen Berichterstattung von Mohammed al Durah bis zum „Arabischen Frühling“
  3. „Vernichtungskrieg gegen Palästinenser“- Podiumsdiskussion mit Evelyn Hecht-Galinski, Henryk Broder, Ludwig Watzal und Tobias Jäcker
  4. Deutsch-Israelische Wirtschaftsbeziehungen. Vortrag von Grisha Alroi-Arloser

Welches Thema werden die Mitglieder des Vereins bevorzugen? Ich vermute: der Vortrag über Wirtschaftsbeziehungen wird es nicht sein. Das kann ja nur langweilig werden! Da redet dann einer über Exporte, Überschüsse, Kredite und Bruttoinlandsprodukte, am Ende werden noch irgendwelche unverständlichen Statistiken präsentiert, alle klatschen und keiner hat was verstanden. Wie viel spannender ist es da doch, über eine „Oase des Friedens“ zu reden, in der Israelis und Palästinenser in „Friedensschulen, Seminaren und Kursen“ zu Begegnung und Verständigung zusammenkommen, oder einer Podiumsdiskussion zu folgen, wo Henryk Broder sich über die durchgedrehte Hausfrau Evelyn Hecht-Galinski aus dem Badischen lustig macht!

Vielleicht lag es an dieser Furcht vor einem zu trockenen Thema, daß am 23.November 2011 zum Vortrag von Grisha Alroi-Arloser in der Industrie und Handeskammer Bonn so wenige Teilnehmer erschienen – immerhin wurden ja alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Bonn der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zu diesem Abend eingeladen.

Darauf angesprochen meinte Grisha Alroi-Arloser zu Beginn seines Vortrages:


… ich bin nicht enttäuscht, was die Zuhörerschaft angeht, es gibt große Veranstaltungen und es gibt gute Veranstaltungen und das wird bestimmt eine gute.
Ich bin heute morgen aus München gekommen und reise heute abend noch nach Köln weiter. Und damit habe ich im Grunde an einem Tag die drei Orte in Deutschland besucht, an denen ich gelebt habe. Ich bin in Köln aufgewachsen…

und spreche (ergänzte ich für mich) astreines Hochdeutsch.


… habe 20 Jahre in Köln gelebt, bin nicht in Köln zur Welt gekommen, sondern in Sibirien, aber im Alter von 2 Jahren mit den Eltern nach Köln gekommen.

Aus dem kleinen Sibirier Grisha wurde ein großer Kölner, der 20 Jahre später nach Israel auswanderte. Ab 1987 arbeitete Alroi-Arloser 4 Jahre lang an der israelischen Botschaft in Bad Godesberg, ging dann wieder zurück nach Israel und lebte schließlich von 2002 bis 2007 in München, wo er als Leiter der Deutsch-Israelischen Wirtschaftsvereinigung tätig war. Im Augenblick ist er Geschäftsführer der Deutsch-Israelischen IHK und auch noch Präsident der Israelisch-Deutschen Gesellchaft, dem Pendant zur DIG in Israel.

(Foto links: [0])
Es schwirrt einem der Kopf vor lauter Institutionen, bei denen Alroi-Arloser als Leiter oder Geschäftsführer tätig ist! Doch das hat mich an diesem Abend überhaupt nicht beeindruckt. Titel, Posten und gesellschaftliche oder politische Stellung sind mitunter ja sogar umgekehrt proportional zur fachlichen, intellektuellen und sozialen Leistungsfähigkeit eines Menschen, wie diverse Beispiele aus der deutschen Gegenwart bezeugen. Nein, das Imposante an diesem Abend war zunächst einmal: da stand einer am Rednerpult und redete völlig frei. Fast zwei Stunden lang. Natürlich hatte er seinen Mac-Book dabei und eine kleine Präsentation, aber die fasste nur zusammen, was Alroi-Arloser uns über die Wirtschaft Israels erzählte. So blieb mir erspart, was man auf Antisemitismus-Kongressen, Israel-Symposien oder Friedenspreis-Verleihungen nur zu häufig erfährt: akademischer Dünkel gepaart mit geballter Inkompetenz präsentiert dem „gemeinen Publikum“ vom Blatt abgelesene Selbstverständlichkeiten und Trivialitäten, wonach man dann zum Buffet schreitet.

Doch an diesem Abend ging es um Fakten, um belegbare, harte Wirtschaftsdaten, und vorgetragen wurden sie von einem sympathischen, bescheiden auftretenden Schnelldenker. Und der freute sich darüber, endlich mal nur gute Nachrichten präsentieren zu dürfen:

Ich freue mich, daß ich heute abend über die deutsch-israelischen Wirtschaftsbeziehungen sprechen darf, weil man heutzutage im Grunde selten gute Nachrichten über Israel vermitteln darf. In den meisten Fällen geht es um den israelisch-arabisch-palästinensischen Konflikt, es geht um die geopolitische Großwetterlage in der Region (…) die wirtschaftlichen Daten sind ganz andere.

In der Tat: Nachrichten aus Israel haben meistens negativ-reißerische Titel wie „Raketen gegen Steinewerfer“, „Israelische Hardliner fürchten Frieden“ oder „Uno kritisiert Israels Siedlungspläne“. Die Bevölkerung Israels besteht nach landläufiger Meinung aus radikalen Siedlern, orthodoxen Juden und gewalttätigen Militärs, es beherrscht in Form einer jüdischen Mafia die USA, verursacht mit unterseeischen Atomexplosionen Tsunamis und exportiert vor allem Jaffa-Orangen. Das ist natürlich alles antisemitischer Stuß, wird aber so oder ähnlich von weiten Teilen der Mainstream-Medien verbreitet und nach Umfragen von einem nicht unbeträchtlichen Teil der deutschen Bevölkerung geglaubt.

Alroi-Arloser ging es bei seinem Vortrag aber nicht um radikale Siedler oder gewalttätige Militärs, sondern eher um die Jaffa-Orangen. Um zu verstehen, warum ein Boykott von israelischen Waren aber am wenigsten Wirkung hätte, wenn man ihn auf diese Frucht begrenzte, begann Alroi-Arloser mit ein paar Grunddaten über Israel:

  • Fläche: 22.145 km km2 (Hessen: 21.114,94 km2)
  • Einwohner: 7, 798 Mio. (September 2011;Hessen: 6,075 Mio., Juli 2011)
  • Bruttoinlandsprodukt (BIP) 213 Mrd. US$ (2011;Deutschland: 3.286 Mrd. US$, 2010). Zum Vergleich: Jordanien 16,01 Mrd. US$ , Libanon: 24,64 Mrd. US$, Ägypten: 127,93 Mrd. US$, Syrien: 52,52 Mrd. US$
  • Mehr Notierungen am NASDAQ als Europa, Korea, Japan, Indien und China zusammen
  • Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner 28.685,62 US$ (Deutschland: 40.273 US$)
  • Staatsverschuldung (2009) 151,3 Mrd. US-Dollar oder 78,0 % des BIP (Deutschland: 2.676 Mrd. US$ oder 81,43% des BIP)
  • Wachstum: 4,5% (Deutschland 2010: 3,6%, 2009 -4,7%)
  • Exporte 2010: 58,4 Mrd. USD
  • Importe: 59,1 Mrd. USD
  • Inflation 1.Halbjahr 2011: 2,2%
  • Arbeitslosigkeit (2.Quartal 2011): 5,5%
  • Bevölkerungszuwachs: 1,7% (jährlich!!)

(Quelle: [0])
(Anmerkung: wo es mir möglich war, habe ich die Zahlen von Herrn Alroi-Arloser durch neuere des israelischen Zentramts für Statistik ersetzt [1]. Die meisten Zahlen stammen aber aus seiner Vortrags-Präsentation ([0]), die er mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Ein Update einiger Zahlen wurde mir am 04.12.2011 von Alroi-Arloser zugeschickt und ist hier eingearbeitet. ) Welch gewaltige Wirtschaftsmacht sich in Israel zusammenballt, erkennt man z.B. aus der obigen Zusammenstellung des BIP: die Summe aller BIP der Israel umgebenden Länder ist mit 220 Mrd. US-$ nur wenig mehr als das israelische BIP (213 Mrd. US-$).

Neben dem hohen Wirtschaftswachstum ist hier vor allem eine unscheinbare, aber wichtige Zahl hervorzuheben: das ist der Bevölkerungszuwachs von 1,7%. Israel ist der einzige Staat der Welt, dessen Bevölkerungszahl sich innerhalb von rund 60 Jahren nach der Staatsgründung verzehnfacht hat, nämlich von 780.000 auf rund 7,8 Millionen. Unter anderem hängt das mit der Fruchtbarkeitsrate zusammen, die mit 2,41 die höchste unter den Industriestaaten ist. Auch die Lebenserwartung in Israel gehört zu den höchsten der Welt und beträgt für Frauen 80,9 Jahre und für Männer 76,7 Jahre [2]. Irgendwie scheint es den Leuten in Israel zu gefallen, sonst würden sie sicher nicht so viele Kinder dort in die Welt setzen. Da mußte ich schon wieder an die Bundesrepublik denken, die eine Bevölkerungsabnahme zu verzeichnen hat, bei den Geburten sogar eine dramatische (-5,9% 2003 – 2009), wie Politiker gerne sagen.

Alroi-Arloser vergaß auch nicht zu erwähnen, daß ein großer Bevölkerungszuwachs auch automatisch ein größeres Wirtschaftswachstum zur Folge hat. Die Israelis profitieren also in vielerlei Hinsicht von der hohen Geburtenrate. Das alleine kann aber auf keinen Fall das gigantische Wachstum und den wirtschaftlichen Erfolg des Landes erklären, der es einzigartig im Nahen Osten dastehen läßt. Schauen wir daher als nächstes auf die einzelnen Wirtschaftszweige: womit verdienen israelische Unternehmen ihr Geld? Wer kauft israelische Waren und welche sind besonders begehrt?

Der wichtigste Handelspartner Israels ist eindeutig die EU, danach kommen die USA und Asien. 2010 kamen etwa 35% aller Warenimporte aus der EU, weitere 11% aus den USA; 26% aller Warenexporte flossen in die EU und 31% in die USA. Der Außenhandel war insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um 23% gestiegen, wobei die Ausfuhr mit 21% etwas weniger expandierte als die Einfuhr mit 25%. Aber was exportieren die Israelis eigentlich? Eigentlich haben sie außer Jaffa-Orangen doch gar nichts zu exportieren. Weder Erdöl noch Erdgas noch Kohle, Uran, Eisenerz: die Bodenschätze, ohne die Länder wie Rußland, Saudiarabien oder der Iran längst zu Entwicklungsländern geworden wären, all das gibt es in Israel nicht. Und trotzdem ist Israel kein Entwicklungsland, ganz im Gegenteil, es ist bei allen internationalen Hilfseinsätzen mit dabei, wenn es darum geht, Menschen zu helfen, die in Entwicklungsländern in Not geraten sind.

Was also exportieren die Israelis? Man kann es auf einen Nenner bringen: es ist Intelligenz. Denn:

  • Orangen und andere landwirtschaftliche Erzegnisse machen nur 3% des Exports aus,
  • 28% werden in Form von Diamanten exportiert,
  • aber satte 69% sind Industrie-Produkte.

Und von diesen Industrie-Produkten sind wiederum 74% High-Tech- und Medium-High-Techprodukte. Die Ausfuhr von (wissensbasierten) Dienstleistungen ist weiterhin von zunehmender Bedeutung und belief sich im Jahr 2007 auf etwa 21,3 Mrd. US$. Dem gegenüber stand eine Einfuhr von Dienstleistungen im Wert von circa 18,1 Mrd. US$. Was braucht man, um solche Produkte herzustellen? Intelligenz! Und warum, so fragen sich die Vertreter der „Kauft nicht bei Juden!“ – Fraktion, kann man so was nicht auch boykottieren?

Die Antwort lautet: dann müßtet ihr zu Hause den Stecker rausziehen. Denn die Liste der elektronischen Geräte, der Computerhardware und Software, die wir täglich benutzen und die von israelischen Unternehmen erfunden wurden, ist unendlich lang. Es fängt an mit der Handytechnologie, die von Motorola-Israel entwickelt wurde. Handys sind aus dem täglichen Leben heutzutage nicht mehr wegzudenken, selbst starrsinnige Technologie-Gegner benutzen sie, und sei es nur, um sich bei der nächsten Castor-Demo untereinander blitzschnell zu verständigen.

Ein weiteres elektronisches Minigerät, das heutzutage jeder Schüler mit sich herumträgt, ist der USB-Stick. Auch dieser wurde von einem Israeli entwickelt, und weil die Entstehungsgeschichte einerseits witzig und andererseits auch typisch ist, möchte ich hier Ulrich Sahm zitieren, der Dov Moran (Foto links, Quelle: U.Sahm), den Erfinder des USB-Sticks, im Jahre 2008 interviewte:


Die Erfindung des UBS-Stick geschah nicht aufgrund einer genialen Inspiration. „Ich bin kein Einstein, der eine neue Theorie aus dem Nichts erfand. 1998 reiste ich nach New York. Während des Fluges habe ich an meiner Präsentation gearbeitet. Ich verschloss den Laptop nicht richtig. Die Batterie entleerte sich. Danach wollte der Laptop nicht mehr anspringen.“ Jemand bot ihm seinen Laptop an. Aber die Präsentation steckte unerreichbar im kaputten Computer. „Ich kam zum Schluss, dass ich meine Präsentation an (einem) sicherem Ort haben muss, um auf jedem Computer zu laufen. Ich wusste, dass jedes Notebook einen USB Stöpsel hat. Ich wollte Speicherkarten wie in Digitalkameras mit dem USB-Stecker verknüpfen. Das war meine Idee. Keine Erleuchtung, sondern das Bedürfnis, ein akutes Problem zu lösen.“ Moran tüftelte, bis der USB-Stick geschaffen war. Nebenbei wurde er so auch Millionär.

.[5]

Und nicht nur das: seine Firma M-Systems verkaufte er 2006 für 1,6 Milliarden Dollar an SanDisk Corp. Und tüftelt auch jetzt noch weiter, der Mann ist ja erst 56 Jahre und heißt nicht Boris Becker. Ich will aber jetzt keine vollständige Liste aller technischen und wissenchaftlichen Innovationen wiedergeben, mit denen uns die Israelis in den vergangenen Jahrzehnten beglückten, es reicht, einen Blick auf die Links am Ende diese Artikels zu werfen.
Statt dessen möchte ich einige Superlative aus Alroi-Arlosers Vortrag wiedergeben, die auch mich überrascht haben (Quelle: [0]):

  • Israel hat mehr Notierungen am NASDAQ als Europa, Korea, Japan, Indien und China zusammen
  • Israel ist größter Magnet für VC p/c weltweit. Und das heißt übersetzt: Pro Kopf wird in Israel am meisten Kapital für Firmengründungen („Startups“) eingesetzt. (VC = Venture Capital)
  • Voice over IP wurde von der israelischen Firma VocalTec, erfunden
  • ICQ , Firewall und VPN wurden in Israel entwickelt
  • EPROM, der erste lösch- und wieder beschreibbare Memorychip wurde von Intel Israel entwickelt
  • Given Imaging [6]gelang die Miniaturisierung israelischer Raketen- und Bilderkennungs-technologie und entwickelte so die Kapselendoskopie

Bei dem letzten Punkt handelt es sich um eine winzige Kapsel, die der Patient schluckt und die dann auf ihrem Weg durch Speiseröhre, Magen und Darm alle 2 Sekunden ein Bild aufnimmt. Die Kapsel wiegt weniger als 4 Gramm und ist 11mm x 26mm groß, enthält Batterien, einen Sender, 2 Lichtquellen vorne und hinten sowie eine Chip-Kamera, die maximal 18 Bilder pro Sekunde aufnehmen kann. Die Bilder werden an einen Empfänger gesendet, den der Patient am Körper tragen kann. Die Firma schildert den typischen Einsatz so: nach einer gründlichen Darmreinigung geht man morgens zum Arzt, nimmt sich ein großes Glas Wasser und schluckt die Kapsel. Danach kann man dann normal zur Arbeit gehen und dem Arzt am Abend das Empfangsgerät abliefern, die Kapsel verläßt den Körper auf natürlichem Wege.

Wem das noch nicht reicht, der kann hier noch ein paar weitere Punkte zur Erfolgsstory hinzufügen (Quelle: [0]):

  • 70% der israelischen Abwässer werden recycled, 2009 erklärte die UNO Israel zum weltweit effizientesten Wasser-Recycler
  • Über 90% der israelischen Haushalte nutzen Solarboiler zur Warmwassererzeugung
  • Die weltweit größte Meerwasserentsalzungsanlage steht in Israel und versorgt die Bevölkerung mit jährlich 100 Millionen Kubikmeter Wasser – und ist dabei die kostengünstigste ihrer Art.
  • Israel wird das erste Land weltweit mit einem flächendeckenden E-Mobility-Netz sein.

Und nun noch ein paar Worte zu den Deutschen. Was kaufen die in Israel? Da erleben wir ein paar Überraschungen:

  • die virtuelle Abseitslinie bei Fußballübertragungen aller Sender wird durch eine Technologie der israelischen Firma ORAD auf den Bildschirm gebracht
  • Deutsche Weine werden durch eine in Israel entwickelte Tropfbewässerung veredelt
  • die CRM- und Abrechnungssoftware bei Vodafone und T-Mobile kommt aus Israel
  • Magnesiumteile für Autos werden in Israel bestellt
  • Deutsche Flughäfen übernehmen die Sicherheitstechnologie der Israelis

Aber das wichtigste: deutsche Firmen kaufen sich in israelische ein und nutzen den hohen Ausbildungsgrad israelischer Techniker und Ingenieure. Die Israelis haben das, wonach man in Deutschland verzweifelt sucht: weltweit den höchsten Bevölkerungsanteil an MINT-Beruflern.. Der Akademikeranteil in der gesamten Bevölkerung beträgt stolze 34% (in Deutschland nur 10%), da ist es kein Wunder, daß z.B. Firmen wie Siemens oder SAP riesige Niederlassungen resp. Beteiligungen an israelischen Firmen haben (Siemens investierte über 900 Mio. € in Israel, SAP über 400 Mio. €, VW über 225 Mio. €). Die Firma SMA, ein TecDAX-Schwergewicht aus der Solarbranche, hat erst 2008 den israelischen Markt entdeckt und bereits heute ein Auftragsvolumen von der Größe Spaniens.

Ich möchte als letztes noch etwas zur Frage nach der Ursache für den hohen Grad an Akademisierung in Israel sagen. Es ist ja nicht nur der hohe Anteil der Akademiker an der Gesamtbevölkerung, es ist vor allem der hohe Anteil an Technikern, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, der deutsche Firmen wie ein Magnet nach israel ziehen läßt. Für diese weltweit einzigartige Zusammenballung von naturwissenschaftlichem Sachverstand gibt es zwei Gründe:

  1. Israel befindet sich eigentlich in einer schwierigen wirtschaftlichen Ausgangssituation. Es gibt fast keine Bodenschätze, die Gesamtfläche des Landes ist extrem klein und reicht , was eigentlich ein Wunder ist, gerade mal aus, um die Bevölkerung mit Gemüse und Obst zu ernähren, der Rest muß eingeführt werden. Der Handel mit den Nachbarstaaten war jahrzehntelang blockiert, und so ist es kein Wunder, daß Regierung und Militär den Aufbau von High-Tech-Firmen und die Ausbildung von Naturwissenschaftlern an den Universitäten massiv unterstützt haben. Grisha Alroi-Arloser hat es in seinem Vortrag so ausgedrückt:„Militärische Notlage, Wasser- und Nahrungsmittelknappheit sowie Masseneinwanderung machten rasche Erfolge der eigenen Forschung und Entwicklung notwendig“.
  2. Ich habe aber noch einen zweiten Punkt im Verdacht, der bei diesem beispiellosen Aufschwung eine wichtige Rolle spielt: das ist der statistisch signifikant hohe Anteil von Naturwissenschaftlern unter den Einwanderern. Besonders aus der ehemaligen Sowjetunion, aber auch aus Nazi-Deutschland und anderen europäischen Staaten sind sehr viele Naturwissenschaftler nach Israel ausgewandert, wo man auf genau diesen speziellen Wissenszuwachs angewiesen war.
    Es ist daher kein Wunder, daß in Israel der Wissenschaftsminister gleichzeitig aktiver Professor für Mathematik ist und darüberhinaus neben seinen politischen Tätigkeiten zwischen 1999 und 2009 alleine 9 Publikationen veröffentlichte, darunter eine Arbeit über „The recursive inverse eigenvalue problem“, verfaßt 1999 zusammen mit zwei deutschen Mathematikern und der israelischen Mathematikerin Marina Arav [13]. Auch hier gibt es also eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Israelis und Deutschen, wenn zwar auch „nur“ auf einer wissenschaftlichen Ebene, aber diese bildet ja die Grundlage für High-Tech und Industrie.

Und was gibt es schöneres als diesen israelischen Bus mit der Telefonnummer des Goethe-Instituts auf der Seite und einer Einladung in hebräischer Schrift: Lerne Deutsch – erlebe Kultur! Einschreiben jetzt…. ? Da möchte man gleich einsteigen und eine Rundreise durch Israel starten!


Anmerkungen und Links

Die Vortragsfolien findet man im Original bzw. in leicht abgewandelter Form unter mehreren URLs im Internet wieder, siehe [8] und [9].
Die Fotoquellen sind immer direkt neben den Fotos angegeben.

[0] Vortragsfolie aus der Präsentation der AHK Israel, 2011, stand 27.02.2011
[0.1] Israel, die Spieltheorie und der Nobelpreis
[1] Israelisches Zentralamt für Statistik
[2] Wikipedia zu Israel
[3] Youtube Video: Boycott Israel
[4] Israels Parade des Stolzes, Ben Dror Yemini, Maariv, 17.05.08
[5] Wie der USB-Stick erfunden wurde
[6] Given Imaging, Erfinder der Kapselendoskopie
[7] http://www.kapselendoskopie.de, MEDIZINISCHE UNIVERSITÄTSKLINIK Bochum
[8] www.saarland.ihk.de/ihk/international/vortraege/israel09.pdf (Veraltete Version von 2009)
[9] cgbn.files.wordpress.com/2011/08/israel-pp-von-cgbn.pptx
[10] http://www.eclareon.eu/sites/default/…/praesentation_grisha_alroi-arloser.p…
[11] Marina Arav, Associate Professor am Departement of Mathematics & Statistics der Georgia State University
[12] Besuch von Hershkowitz in Worms, 27.06.2011
[13] Ausgewählte Veröffentlichungen von Daniel Hershkowitz, Liste bei scientificcommons
[14] Hershkowitz zu Obamas Forderung, die Siedlungsaktivitäten „einzufrieren“
[15] Ausführliche Beschreibung des Besuchs von Hershkowitz in der Bundesrepublik

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