Werden nach Landes- oder Bundestagswahlen in der „Berliner Runde“ die beteiligten Politiker zum Wahlausgang befragt, so kann man sicher sein, eine der langweiligsten Sendungen des deutschen Fernsehens präsentiert zu bekommen. Diese Sendungen laufen seit Jahren nach demselben Muster ab: ein Moderator stellt Fragen, die grundsätzlich nicht beantwortet werden, die Politiker bedanken sich bei den „Wählerinnen und Wählern“, den „Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern“, den „Nichtwählerinnen und Nichtwählern“ und sind im übrigen durch die Bank der Meinung, daß man sie nicht richtig verstanden habe. Deshalb, so versprechen die Wahlverlierer regelmäßig, werde man jetzt überlegen, wie man beim nächsten mal die Inhalte besser „rüberbringen“ könne, und die Wahlsieger möchten lieber bis zum nächsten Morgen warten, wenn sie endlich genau wissen, mit wem sie koalieren dürfen.
Was einem bei diesen Sendungen so besonders auf den Keks geht, sind die ewig gleichen Mienen dieser Volksvertreter: blasiert, mitleidig lächelnd, mit hochgezogenen Augenbrauen. Egal, was die Kontrahenten ihnen an den Kopf werfen: man grinst herablassend und schüttelt den Kopf über so viel Blödheit der anderen.
Meisterin im Weghören und Von-oben-herab-gucken ist bei der SPD z.B. Andrea Nahles.
FDP-Verlierer und Prügelknabe des Abends Christian Lindner konnte noch so oft das Stichwort „Nordrhein-Westfalen“ einwerfen, wenn es darum ging, Frau Nahles daran zu erinnern, daß die SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in diesem Bundesland auf die Zustimmung der Partei „Die Linke“ angewiesen ist – Nahles tat so, als habe sie nichts gehört. Fragte der Moderator Tevessen Frau Nahles, wie sie denn jetzt in Rheinland-Pfalz zusammen mit den Grünen den Schuldenberg dieses Landes in Höhe von schlichten 30 Milliarden Euro vermindern wolle, so antwortete sie darauf:
Einer der Schwerpunkte wird sicherlich die Bildungspolitik sein. Wir haben hier vorbildlich agiert, den Ausbau der Ganztagsschulen betrieben, und ich denke, mit den Grünen können wir jetzt noch ’nen Schritt weiter gehen. Und wir haben in Rheinland-Pfalz keine Atomkraftwerke mehr, weil wir schon …
Ja, so einfach ist das alles. Wer Schulden abbauen will, der plappert gleich mal was über „Bildungspolitik“, „soziale Gerechtigkeit“ und stellt einfach ein paar tausend neue Lehrer ein, die dann, wenn ihnen das Unterrichten zu anstrengend geworden ist, als Politiker im Landtag neue Gesetze beschließen: mehr Ganztagsschulen, kleinere Klassen und noch mehr Lehrer.
Nahles hat inzwischen die Frage des Moderators vergessen und berichtet stolz darüber, daß die Roten schon vor langer Zeit Mülheim-Kärlich abschaltet haben. Sie redet noch eine Weile weiter über die bevorstehende „kompetente“ Regierung in Baden-Württemberg, bis der Moderator es dann mit der „Krünen“ Steffi Lemke versucht, vielleicht kann die ja sagen, wie man den Schuldenberg in Rheinland-Pfalz abzubauen gedenkt. Aber auch die hat grad nicht die richtigen Rezepte zum Schuldenabbau dabei, dafür hat sie aber mal was von EnbW gehört und daß der Kollege Mappus da mächtig viel Geld an ein Atomunternehmen verschleudert hat. Das will sie in Rheinland-Pfalz natürlich nicht so machen. Während sie sich über den EnBW-Deal ereifert (von dessen Details sie nicht das mindeste versteht), steuert sie schnell wieder auf das Thema „Bildung“ zu, bei dem selbst dem dümmsten Politiker immer ein gutmenschlicher Vergleich einfällt:
Ist ein Bahnhof, der verbuddelt werden muß, wichtiger als Schulen für unsere Kinder?
Gute Gegenüberstellung! Paßt immer! Soll hier ein ALDI-Supermarkt hin oder eine neue Grundschule? Was wollen wir lieber: ein Technologiezentrum oder eine Ganztagsschule? Eine Handy-Fabrik oder ein Selbstlernzentrum? Klarer Fall: politische Geschäftsführer der GRÜNEN oder der LINKEN würden, wenn es nach ihnen ginge, die ganze Republik mit Schulen zupflastern. Lehrer müßten vor der Zulassung zum Unterricht eine ökologisch-soziale Prüfung bestehen und mindestens 20% der Schulkinder müßten aus gleichgeschlechtlichen Haushalten kommen.
Doch bevor es soweit ist, müssen noch alle Atomkraftwerke abeschaltet werden. Vor den Küsten errichten wir gigantische Windkraftparks, der Strom nach Baden-Württemberg wird dann quer durch die Republik transportiert. Damit die dafür notwendigen Stromtrassen nicht am Widerstand der Bürger scheitern, gibt es nach Frau Lemke folgende Möglichkeit:
Der entscheidende Unterschied wird sein: welche politische Kraft ist in der Lage, gesellschaftliche Bündnisse für die Energiewende und für den Atomausstieg zu schmieden? Das wird die entscheidende Frage sein: wer schmiedet Bündnisse, wer findet Kompromisse, wer findet Lösungen, und nicht: wer hetzt an einem solchen Wahlabend, weil vor Ort vielleicht eine Bürgerinitiative auch mit grüner Beteiligung ein konkretes Projekt infragestellt…
Tja, wer schmiedet also die Bündnisse? Wenn nun eine Mehrheit in einem Ort gegen den Ausbau einer Trasse ist, was machen dann die GRÜNEN Bündnisschmieder, wenn die Mehrheit partout nicht will? Peinlich, peinlich…. am Ende muß man dann doch die Bürger enteignen, die sich dem Ausbau der fortschrittlichen erneuerbaren Energien entgegenstellen. Geht leider nicht anders. Aber ist ja für einen guten Zweck. Es kommt eben immer darauf an, wer grad an der Macht ist. Grüne Polizisten knüppeln natürlich grundsätzlich zu recht auf konservative Fortschrittsverweigerer ein, wohingegen unsere jetzige Polizei von den Konzernen für deren ausbeuterische Zwecke mißbraucht wird.
Nein, was unsere Politiker heute abend in der Berliner Runde geboten haben, war mal wieder frustrierend. Auch bei Anne Will wurde es nicht besser. Denn auch hier räkelten sich die üblichen Protagonisten in ihren Talkshow-Sesseln: Jürgen Trittin, diensthabender oberster Schlipsträger der grünen Bundestagsfraktion erzählte Anekdoten aus seiner Zeit als grüner Umweltminister, Klaus Wowereit freute sich über den Machterhalt seiner SPD trotz gigantischer Wahlverluste, Christian Linder wurde von allen Seiten unter Beschuß genommen und der obligatorische Heiner Geissler nervte durch unzählige „nicht wahr“-s.
Damit kein Zweifel aufkommt: ich habe nichts gegen regenerative Energien. Sonne und Wind sind keine schlechte Sache. Aber wenn ich höre, daß Winfried Kretschmann im Wahlkampf Schulkindern ein Bild malt mit Hügeln und Windmühlen drauf und das als Zukunft des „Ländles“ preist, und dazu noch sagt: „Die Sonne scheint immer, und das kostenlos“, dann kommen mir gewisse Zweifel, ob diese Sorte Politiker wirklich geeignet ist, für unsere Zukunft zu sorgen. Denn es ist erst ein paar Jahrzehnte her, daß deutsche Politiker uns weismachen wollten, die Kernenergie würde unendlich lange reichen und sei im Vergleich zur Kohle kostengünstig.
Es bleibt also abzuwarten, wie es in Baden-Württemberg weitergeht. Erst wenn die Proteste gegen die Windräder auf dem Freiburger Hausberg „Schauinsland“ aufhören, bin ich mir sicher, daß die rotgrüne Regierung auf dem richtigen Weg ist.
Kommentar aus dem ursprünglichen Blog
Wirklich sehr gelungener
Submitted by Daniel Issing (nicht überprüft) on Mo, 28/03/2011 – 9:33pm.
Wirklich sehr gelungener Artikel! Und ein lustiger obendrein!